Gedichte Natur

Der tanzende Baum

Feingliedrig und weit reichend

Sein Lied mich ereilt.

Knarrend, knirschend

Ächzt der Baum.


Wie Tentakeln großer Kraken

Schwingen, peitschen,

eilen weit umher

Und erschaffen ihre Kreise.


Heulend stimmt der Wind

Aus Wolken unter Tränen.

Es soll wie ein Orchester kling',

Es trommelt stark der Regen.


Kleine, klatschende Kanonen

Stürzen ungeheuer schnell.

Feuern auf den Boden

Und reinigen die Welt.


Jeder Baum und jeder Knick

So wunderschön, tanzt für sich.

Wackelt nach rechts, wackelt nach links,

Faszinierend schweift mein Blick.


Die Natur entdeckt Ballett,

Doch die Menschen schau'n nicht hin.

Haben sich mit Tee und Süßgebäck

Vorm Kamin versteckt.


Wie majestätisch er doch schwingt,

Der Baum, vor dem ich steh.

Er liebt so sehr den Wind,

Seine Blätter tänzeln mit.


Er ist der Zeiten ziemlich reich

Und hat vieles schon verstanden.

Das, was ich jetzt erst weiß,

Das weiß der Baum schon lange.


„Auch ich, 1000 Äste reich und stark

Kann tanzen, wie ich will.

Kann tanzen im Orkan.

Und bin danach ganz still.“


O’ Baum, was bist du nur so klug?

Du stellst dich nicht den Winden.

Du gibst dich ihnen hin, denn

Zu kämpfen, wär doch sinnlos.


„Genau mein Freund, so ist es wahr.

Zwar ändern kannst du vieles,

Doch nach der Nacht folgt stets der Tag

Und die Winde weh‘n verschieden.“


Ich stell mich also der Gefahr,

Verloren zu geh'n vom Sturm?

Bin dann der Heimat fern und Fremden nah?

Nagut, ich schau’ mich gern mal um.


„Entdeck‘ mit jungen Augen

Unsere bunte, schöne Welt.

Und fang täglich an zu glauben

Du bist selbst, was wirklich zählt.“


Was du mir alles anvertraust,

Ohne mich zu kennen.

Ohne, dass du viel Worte brauchst.

Ohne den Preis dafür zu nennen.


„Ich liebe alles, was ich brauche

Und alles, was ich gebe.

Du benötigst mehr als Augen

um farbenfroh zu sehen.


Dazu ein Herz und ganz viel Kraft.

Und dein Geist wird von allein

Finden, was du verloren hast,

Um verliebt und nie allein zu sein.“ 

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